TT – Folge 13

Mythos Vereinsmeisterschaften

(ba)   In der Tischtennis-Abteilung des TSV 1846 Butzbach, die in diesem Jahr ihren 75.Geburtstag feiert, darf durchaus von einem Mythos Vereinsmeisterschaft gesprochen werden. Es gibt in der Historie der Titelkämpfe, für die seit 1950 die Liste der Sieger im Einzelwettbewerb vorliegt, mindestens zwei legendäre Begebenheiten. Der heute 84-jährige Manfred Streit, der bei Pflichtspielen seines TSV exakt 1541-mal das TSV-Trikot übergestreift hat, genießt in der Butzbacher Sparte Kultstatus,auch weil der Rekordspieler  neunmal den Vereinsmeistertitel im Einzel gewinnen konnte. Dazu kommen einige Meisterschaften im Doppel mit unterschiedlichen Partnern. Im Jahr 1966 setzte sich Streit in Finale gegen Günter Jäkel durch und brachte nach fünfmaligem Gewinn den Pott endgültig in seinen Besitz. Dieses Kunststück gelang nur noch Nachwuchsmann Jochen Rapp, der sich von 1992 an fünfmal ununterbrochen als Erster in die Siegerliste eintrug. Im Alter von 70 Jahren ging Streit 2007 zum 8. Mal als Gewinner des Wettbewerbs hervor, 11 Jahre später mit 81 Lenzen besiegte Manni Streit den um viele Jahre jüngeren Favoriten Sascha Groß sensationell in einem engen Finale und holte sich seine 9. Meisterschaft. Walter Volkmann stand im Jahr 1950 ganz oben auf dem Treppchen. Der Fußballer, der Tischtennis als Ausgleichssport betrieb, holte sich zwei Jahre später seinen zweiten Titel ab. In den folgenden Jahren dominierte Heinz Stürmer das Geschehen, ehe er  nach vier Siegen 1957 von Manni Streit abgelöst wurde. Hauptkonkurrenten von Streit waren von 1965 an meist Günter Jäkel und Hermann Bang, der gegen den mental stärkeren Streit einige Male im Endspiel das Nachsehen hatte und auf Rang 2 landete. Jäkel holte seinen ersten von sechs Einzeltiteln 1961 mit einem Finalsieg gegen Paul Ossig (siehe Bild). Bang konnte sich insgesamt viermal behaupten und steht mit Heinz Stürmer und dem viel zu früh verstorbenen Ausnahemspieler Klaus Hartmann, der von 1979 bis 1982 viermal in Folge gewann, auf einer Stufe. Die  Spitzenspieler, die sich damals dem TSV anschlossen, setzten sich meist während ihrer Zeit beim TSV gegen die Konkurrenz durch wie Helmut Machczek 1968 und 1969 oder Bernd Reuß 1978 sowie Friedrich Albrecht dreimal von 1983 bis 1985 und Christian Löffler  2004 und 2006. Dass die Jugendarbeit in all den Jahren Früchte trug, spiegeln auch die Vereinsmeisterschaften wider. Dirk Nauert holte 2001 den Titel, Dennis Knebel 2002 und Dirk Rudolf 2003. In den Jahren 2008 und 2009 düpierte der Jugendliche Freddy Eschenbrenner die Konkurrenz. Timo Güntner aus der Hessenliga-Jugend landete 2011 und 2013 ganz vorne wie auch Spitzenspieler Kevin Krendl 2017 und 2020, der letzte amtierende Vereinsmeister. Das beim TSV großgewordene Talent wanderte 2020 leider zum Verbandsligisten NSC Watzenborn/Steinberg ab. Ralf Dreiser, ebenfalls ein Eigengewächs, spielte sogar in der Hessenliga und der Oberliga Bayern. Heute ist er in Diensten des Nachbarn TSV Ostheim. Ralf holte 1997 und 1998 den Titel. Sein Nachfolger wurde 1999 mit Erich Seitz nochmals ein alter Haudegen. Als letzter Vereinsmeister ist Kevin Krendl aufgelistet, da 2021 die Titelkämpfe wegen Corona nicht ausgetragen wurden. Die Vereinsmeisterschaften der traditionsreichen Tischtennis-Abteilung hatten immer einen hohen Stellenwert bei den Akteuren. Früher steigerten die Protagnisten vor dem Wettkampf ihr Training und verbesserten für die meist langen Turniere durch Waldläufe ihre Kondition. Essgewohnheiten wurden geändert und auf das gern genossene Bierchen verzichtet.


Neben Hermann Bang war auch der im Dezember 2020 verstorbene Günter Jäkel ein hartnäckiger Konkurrent für den neunmaligen Vereinsmeister Manfred Streit, der stets durch seinen enormen Kampfgeist und seine gute taktische Einstellung glänzen konnte. Auf dem Foto überreicht Turnierleiter Heinz Stürmer (r)  1961, also vor 60 Jahren, Günter Jäkel den Siegerpokal, den er vor Paul Ossig (l) gewinnen konnte.

Beliebt waren auch die Siegerehrungen, bei denen im jeweiligen Vereinslokal Schorre oder Wilhelmshöhe die Akteure zusammenkamen, um sich die Urkunden abzuholen. So wurde der Gemeinschaftssinn gepflegt, der in der TT-Abteilung noch immer einen hohen Stellenwert besitzt. Die Spielsysteme waren über die Jahre unterschiedlich. In den Gründerjahren der Abteilung wurde das einfache KO-System favorisiert. Schließlich entdeckte die Turnierleitung, die damals meist von Heinz Stürmer und Walter Griebel wahrgenommen wurde, das Zwei-Minus-System, mit dem man trotz einer Niederlage  über die Trostrunde doch noch ins Endspiel gelangen konnte. „Da haben wir in der im Winter arg kalten Alten Turnhalle manchmal bis Mitternacht gespielt und gefroren“, erinnert sich Rekordmeister Manni Streit. Ähnliche Erfahrungen, was die Länge der Turniere anbetrifft, machten auch die folgenden Turnierleiter Hermann Bang, Jürgen Rapp, Horst Wilmsen, der häufig neue Varianten erfand, und Oliver Hottinger. Um nach der Weihnachtspause eine bessere Vorbereitung auf die Mitte Januar beginnende Rückrunde zu haben, wurde die Gruppenphase eingeführt. „Da gab es für jeden Teilnehmer mehr Spiele, es war demnach eine bessere Vorbereitung gewährleistet“, so Oliver Hottinger, der die Siegerehrung einige Male mit Imbiss und Umtrunk sofort nach Ende des Turniers in der Turnhalle der Degerfeldschule stattfinden ließ. Klar, dass auch die erfolgreichen Damen in all den Jahren ihre Titelträgerinnen kürten. Rosi Siudak holte den Pokal am häufigsten, aber auch die Kudraß-Schwestern Andrea und Dagmar starteten mit Erfolg wie Jahre später Jacqueline Maas und Laura Werth. Separat fanden die Meisterschaften des Nachwuchses statt. Die sich am besten platzierten, durften als Belohnung auch bei den Aktiven mitmischen und manchmal für faustdicke Überraschungen sorgen.

Die Liste der Vereinsmeister mit mehr als einem Titel

9 Meisterschaften

Manfred Streit

6 Meisterschaften

Günter Jäkel

5 Meisterschaften

Jochen Rapp

4 Meisterschaften

Heinz Stürmer, Klaus Hartmann und Hermann Bang

3 Meisterschaften

Friedrich Albrecht, Timo Güntner

2 Meisterschaften

Walter Volkmann, Helmut Machczek, Freddy Eschenbrenner, Ralf Dreiser, Christian Löffler und Kevin Krendl.